„Am Yisrael Chai“

Der Holocaust werde von denen, welche es um die Propagierung, Verteidigung und Belobigung der Arbeit der israelischen Regierung oder der IDF geht, instrumentalisiert, so hört man aus israelkritischen Mündern allzu oft. Man mag vorsichtig diesem Übersetzungsversuch zustimmen, dessen Urheber  freilich viel zu fest auf (anti)deutschem Boden zu stehen scheint:

Als Weltmeister der Geschichtsaufarbeitung haben wir Deutschen die Deutungshoheit in Sachen Antisemitismus – wer Antisemit ist, bestimmen wir! Seit geraumer Zeit hat die Holocaustindustrie ihr Tätigkeitsfeld auf Produktpiraterie ausgeweitet mit dem Ziel, selbstmächtig über das deutsche Eigentum Holocaust©, Auschwitz© und Shoah© zu verfügen. Dabei weiß jeder, dass es sich nur um zweitklassige Imitate handeln kann, deren Qualität niemals an made in germany heranreichen wird. Schlimmer noch: Die Unterstellung, Israel sehe sich Kräften gegenüber, die auf seine Vernichtung abzielen, ist nichts als Demagogie und Propaganda, weswegen sich nicht nur Gleichsetzungen, sondern auch schon Vergleiche verbieten.

Ein schneller Blick auf die Blockroll verrät: Jener Blogger hat StandwithUs nicht aufgelistet. Warum ich das sage? Fangen wir mit einem Bild an. Zu sehen ist eine Gruppe von Gefangenen im KZ Buchenwald:

[http://www.ushmm.org/ United States Holocaust Memorial Museum]
[http://www.ushmm.org/ United States Holocaust Memorial Museum]

Bei StandWithUs handelt es sich nun um eine Non-Profit-Organisation, die es als ihre Mission ansieht, die Öffentlichkeit mit Informationen über Israel und den Kampf gegen Antisemitismus und Extremismus zu versorgen bzw. es geht darum, eine streng pro-israelische, will sagen: rechtszionistische Sichtweise und Ausdeutung der betreffenden Begriffe unters Volk zu bringen. Besagte Gruppe mit Sitz in Los Angeles, USA, hat jüngst von sich Reden gemacht, indem sie das oben abgebildete Foto als Vorlage für eine ziemlich provokante Montage benutzt und auf der eigenen Facebook-Seite veröffentlicht hat. Das Resultat sehen wir hier:

Die Botschaft ist eindeutig: Laut StandWithUs sind die Angehörigen der israelischen Streitkräfte fast buchstäblich in einer Reihe zu sehen wie die Opfer der Shoa. Ich fange gar nicht erst an, mich darüber zu ereifern, auf wie vielen verschiedenen Ebenen diese Montage geschmacklos ist. Wir haben es jedenfalls mit einem besonders drastischen Versuch, den Holocaust als Mittel der Rechtfertigung israelischer Politik zu tun.

Die Reaktionen im Netz ließen in den vergangenen Tagen nicht auf sich warten: Sei es, dass das Spiel der Montage weitergetrieben wurde – und mich an den Tag meines ersten Besuchs in Yad Vashem erinnerte, als ich noch am selben Tag mit ansehen musste, wie eine Gruppe ausgewachsener israelischer Uniformierter einen palästinensischen Jugendlichen verprügelten:

(Richard Silverstein, Facebook)
(Richard Silverstein, Facebook)

Einschneidender ist aber doch der Hinweis Noam Sheizafs, dass es sich bei den abgebildeten KZ-Gefangenen möglichweise nicht um jüdische Gefangene handelt:

They have single, not double triangles on their shirts, which means that they could be political prisoners, or those deemed criminals by the Nazis (from homosexuals to the mentally ill). […] The original picture was taken in Buchenwald, Germany – a camp known for the diverse group of prisoners who were sent to it – Jews, Gypsies, political prisoners, Soviet soldiers and many more. Actually, this very same picture is used in another article to illustrate the Nazi classification system.

Was folgt nun daraus? Israelische Soldaten, die sich in einer Reihe befinden mit nicht-nur-jüdischen Opfern der Shoa? Eine Universalisierung der Forderung „Never again“? Fest steht: StandWithUs hat die von ihr verantwortete Montage flugs von der Facebook-Seite genommen. Kein Witz!

Derweil machen Neuigkeiten wie diese hier und Videos wie jenes hier die Runde.

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