Thomas Friedmans Vision einer Friedenslösung in Nahost

Der unvermeidliche Thomas Friedman zur Frage, warum der israelisch-palästinensische Konflikt „gelöst“ werden sollte:

 1) to reverse the trend of international delegitimization closing in on Israel; 2) to disconnect Israel as much as possible from the regional conflicts around it; and 3) to offer a model.

Frage: Wer oder was fehlt in dieser Vision? Kleiner Tipp: Es geht um Menschenleben. Ferner bin ich schon seit ca. 2001 der Ansicht, dass dieser Konflikt nicht mehr „gelöst“ werden kann. Was irgendwelche Verhandlungspartner, bei denen weder Israelis noch Palästinenser, weder arabische Anrainer, noch amerikanische faire Makler, weder Krisengewinnler wie Tony Blair noch andere Nahostfriedensprozessführende wie die EU oder das ominöse Quartett Bauchschmetzen haben, das Einzige, was diese Unterhändler also irgendwie aushandeln können, ist eine Regelung, die für alle Beteiligten hinnehmbar ist. Ohne Friedensnobelpreis, ohne Fototermine, ohne all die Wichtigtuereien, die ja so prägend und so stilbildend in den letzten zwanzig Jahren auch und gerade für den Umgang des politischen Westens mit Israel-Palästina war.

Was Friedman – man lese seinen gesamten Artikel – liefert, ist gar keine Vision des Friedens. Was er sagt, könnte auch von Tony Blair oder Guido Westerwelle stammen. Hauptsache, so seine Botschaft, man fühlt sich wohl bei der Sache.

Ein ganz und gar ausgewogenes – denn so hat man es hierzulande gern – Portrait des hochgelobten und preisgekrönten Thomas Friedman findet sich u.a. hier.

6 Gedanken zu “Thomas Friedmans Vision einer Friedenslösung in Nahost

  1. Mal ganz abgesehen von Friedman – der Konflikt kann nicht gelöst werden? Sagt wer? Netanjahu? Liebermann? Ismail Hanija? Denen spielt man nämlich direkt in die Karten mit solchen resignierten „Einsichten“. Die von diesem Konflikt betroffenen Menschen (um die geht es doch, oder?) wollen eine Lösung, und zwar eine für beide Seiten gedeihliche Lösung, das beweisen alle relevanten Umfragen. Ich habe mich gerade vor zwei Tagen mit ein paar Israelis in Dresden über diese Frage unterhalten, und was sagten die mir klipp und klar? Dass das eigentliche Problem die Politiker auf beiden Seiten sind, und dass die beiden Völker selbstverständlich in Frieden miteinander leben wollen. Mit anderen Worten, es handelt sich um ein Totalversagen der politischen Klasse (das gilt auch für all die sich-von-außen-Einmischer, wie Nahost-Quartett etc.). Und wenn die beteiligten Völker ein friedliches Miteinander wollen und lediglich die führenden PolitikerInnen dies aus Dummheit und/oder noch weit hässlicheren Gründen verhindern, dann sollen wir Letzteres als Leitlinie für unsere Haltung akzeptieren? Ohne mich, Leute! Sicher, nach allem, was da mittlerweile vorgefallen ist, erfordert das beinahe übermenschliche Anstrengungen, aber seit wann kapituliert der Mensch vor so etwas? Da wären wir ja immer noch auf den Bäumen. Ich habe als letzte Zeilen in meinem Buch „Der Staat Israel – eine Tragödie“ (tut mir leid, dass ich da schon wieder drauf hinweisen muss, aber so eine Aussage zwingt einen ja geradezu) geschrieben: „Soll dieser Fluch weiter und weiter wirken, oder soll er endlich gebrochen werden? Wenn er Menschenwerk ist, dann können Menschen ihn brechen, indem sie sich als Menschen begegnen.“ Der Konflikt kann nicht gelöst werden? Was wäre denn die Alternative zu einer Lösung? Von hier aus im bequemen Sessel sagt sich das leicht: „Ja, da kann man eben nichts machen …“ Soll also das ganze Elend (auf beiden Seiten, das übersehen die Besserwisser von hier [auf beiden Seiten] immer gerne) einfach ad infinitum weitergehen? Schlaue Sprüche machen ohne die Konsequenzen tragen zu müssen, das nenne ich zynisch …

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    1. Eine Alternative zu einer Lösung wäre eine Regelung, die nicht ideal ist, aber für alle Konfliktpafteien akzeptabel ist. Hab ich doch aber auch oben beschrieben. Dass Sie nun gezwungen waren, Ihr Buch hier abermals zu bewerben, tut mir natürlich leid ;).

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      1. Hatte ich gelesen, und das kann ich auch unterschreiben: Eine ideale Lösung kann es tatsächlich nicht geben, bleibt also nur eine für alle Beteiligte akzeptable Lösung. Das ist sogar einer der zentralen Gedanken meines Buches (um es noch einmal zu erwähnen – ich mache hier ganz schön Reklame). Das wäre aber keine Alternative zu einer Lösung, sondern eben die Lösung. Allerdings habe ich den Blog im Kontext der früheren gelesen. Und da stand doch was von Israel-Boykott?! Und in dem Zusammenhang ist mir das dann doch etwas sauer aufgestoßen … =)

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        1. Wird man nicht einmal in seinem eigenen Blog mit Reizbegriffen um sich werfen dürfen, ohne dass dies anderen sauer aufstößt? 😉 „Israel-Boykott“ – dieser Begriff ist so vielfältig, dass ich offenbar unterschätzt habe, dass ich damit ganze Befindlichkeitsgebirge ins Wanken zu bringen scheine. Die ganzen Litaneien darob halte ich für nachvollziehbar, aber auch für langweilig.

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          1. Selbstverständlich darf man in seinem eigenen Blog notfalls auch mit Reizbegriffen um sich werfen – sollte sich dann aber auch nicht wundern, wenn andere entsprechend reagieren. Anders gesagt: Wer sich provokativ äußert, sollte sich nicht beklagen, wenn andere dann zu Reaktionen provoziert werden. Andererseits: Eine Boykott-Forderung ist eine ernste Angelegenheit, die im Falle ihrer Umsetzung gravierende Konsequenzen für die Betroffenen hat. Für mich schwingt dabei immer diese Gleichung Israel = Schurkenstaat mit, und so einfach liegen die Dinge nun einmal nicht, auch wenn mich manchmal angesichts der Politik israelischer Regierungen die kalte Wut packen kann (vielen Israelis geht es nicht anders). Vielleicht sollte man mit Boykotten eben nicht einfach „um sich werfen“. No hard feelings …

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  2. Danke für den Beitrag! Friedman schreibt weiterhin: „Israelis should be challenged not boycotted.“ Ich bin zwar kein Freund von BDS in Deutschland, aber diese Kritik Friedmans an Stephen Hawkins ist doppelt daneben. (1) An „challenges“ gegenüber Israels Sicherheitspolitik hat es nun die letzten Jahrzehnte nicht gerade gemangelt. Da aber alles was an Aufforderungen zur Korrektur kommt – beileibe nicht nur aus Richtung der „unausgewogenen“ UN – im Zweifel als Einmischung in dieinneren Angelegenheiten gesehen wird, zwingt sich irgendwann die Frage auf, ob man nicht aufhören soll mit den challenges und übergehen zu robusteren Mitteln. (2) Frieman ist ausgefuchster Journalist und weiß seine Worte zu setzen. Aus dem Boykott gegen Israel – der genau genommen ein Boykott gegen Israels Sicherheitspolitik in der Westbank ist – macht Friedman schnell einen Boykott gegen „Israelis“. Wenn das kein Antisemitismus ist, „Israelis“ zu boykottieren. Friedman, Friedman… Nach seinen für seine Verhältnisse gewagten Kritiken an Israel muss er nun wieder Boden gutmachen:
    „Netanyahu toys with President Obama, makes Israel look like it wants land more than peace and risks never forging a West Bank deal — thereby permanently absorbing its 2.5 million Palestinians and eventually no longer having a Jewish majority. That’s the sudden stop at the end — unless the next war comes first. But, for now, Bibi seems to think he can fly.“ (http://nyti.ms/9Cr2Pg)
    Was jetzt? Bibi ist fortgesetzt unbelehrbar, soll aber trotzdem „konfrontiert“ werden (challenged)?
    Dafür gibt es einen alten ironischen Spruch: Wasch mich, aber mach mich nicht nass. Die Crux ist schlicht: Friedman hat keine gerade Linie, so wie etwa Edward Said. Er schreibt opportune Texte, um seine Position als „ausgewogener“ Nahostexperte im Lot zu halten.

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