Israels Wahlergebnis und was es für die Palästinenser bedeuten kann

Justamente sind die beiden Hauptkontrahenten, Netanyahu und Herzog, glaubt man SpOn, gleichauf. Wie wird also die Zukunft aussehen? Etwa die der Palästinenser?

So sah es in den letzten Jahren aus:

Israel hat sich unter Premierminister Netanyahu zunehmend international isoliert. Was die zivilisierte Welt sehen möchte von Israel sind andere Bilder, z.B. dieses:

IDFcries-SanFransiscoSentinelIch möchte es „Shoot and cry“ nennen. Was es bedeutet? Nun...

Mit anderen Worten: Die Welt wird aufatmen, weil Barack Obama nicht mehr von diesem ungehobelten Fiesling Netanyahu brüskiert wird. Ein neuer Regierungschef wird sich anders verhalten gegenüber den Großen der Welt. Die Palästinenser dürfen, so befürchte ich, sich kaum etwas erhoffen. Es sei denn, das Wahlergebnis der Joint List wird als Sensation gewertet werden. Das Aufkommen dieses vorwiegend arabischen Wahlbündnisses und der sich anbahnende Niedergang von Liebermans Israel Beiteinu gehören zu den wenigen guten Dingen, die es über die vorgezogenen Wahlen in Israel zu sagen gibt.

Werbung

„I am not Charlie, I am Ahmed the dead cop. Charlie ridiculed my faith and culture and I died defending his right to do so.“

Auf Meedia mokiert sich Stefan Winterbauer u.a. über den, seiner Ansicht nach wenig gemeinsinnigen, Wortbeitrag von Sebastian Loudon, der nicht so ohne weiteres Charlie Hebdo sein möchte. Winterbauer:

Man muss nicht selbst im Fadenkreuz der Terroristen stehen. Trotzdem kann und darf man Mitgefühl und Gemeinschaftssinn zeigen.

Mir geht diese Kampagne, „Je suis Charlie Hebdo“ schon jetzt gesteigert auf den Keks. Ich bin nicht Charlie Hebdo, allerhöchstens dieser Charlie:

10157169_10205835686037778_2037601689969233919_n

Ich empfinde Mitgefühl gegenüber den Hinterbliebenen der Mordopfer. Ich bin entsetzt über den schrecklichen möderischen Anschlag auf die Redaktion des Pariser Magazins Charlie Hebdo. Ich verabscheue die verübte Tat. Doch fällt es mir schwer, diesen Mehrfachmord als einen Anschlag auf Meinungsfreiheit, Satire, Zivilisation, „uns alle“ etc. zu sehen. Wie schon zu früheren Zeitpunkten kriechen schon jetzt wieder die Ratten aus ihren Löchern. Sehr empfehlenswert dieses Mal: die taz-Kolumne von Deniz Yücel.

Doch analog zur jüngsten Aussage aus dem berufenen Munde des seit jeher überschätzten Oasis-Gitarristen und Songschreibers Noel Gallaghers, dass, wer es heutzutage an die Spitze der Charts schaffe, automatisch scheiße sein müsse – kann ich mich eines erhöhten Bauchgrimmens erwehren, wenn ich sehe, wer sich so alles Charlie Hebdo nennen lassen möchte.  HIer sind sich Union, SPD, Bild, Spiegel und Pegida (wieder) einig. Die Ratten sind auch unter diesen, gewisslich oft nicht übel wollenden Zeitgenossen und Vorbildern der Gesellschaft. Und so möchte man den neuen Charlie Hebdos zurufen: Passt bloss auf, mit wem ihr zusammen auf der Solidaritätsveranstaltung gesehen werdet.

Schon jetzt, schon wieder registriere ich öffentliche Äußerungen, die darauf schließen lassen, dass die Morde an Charlie Hebdo nicht nur auf Seiten irgendwelcher Jihadisten und Salafisten, sondern auch bei angeblichen Verteidigern des sog. Abendlandes auf Dankbarkeit stößt und Aufbruchstimmung initiiert. Nachdem in den letzten Wochen die Stimmen aus den Reihen des Anders-Breivik-Fanclubs kaum zu hören waren – jedenfalls nicht hierzulande, weil Pegida -, so darf man getrost davon ausgehen, dass sich der Wind dabei ist zu drehen. Und so bin ich bei Elise Hendrick auf eine weitere Version von „Je suis Charlie Hebdo“ gestoßen: Ich bin einer, der wegen Charlie zu leiden haben wird:

Charlie

Und wo wir bei dem Magazin Charlie Hebdo selbst sind: Meine Meinung zu dieser Art von Satire, wie sie ja hierzulande eifrigst von Titanic und Konsorten kopiert wird – deckt sich in etwa mit der Meike Büttners:

„Charlie Hebdo“ hat zahlreiche rassistische Witze gerissen und nur allzu oft Hass als Spaß maskiert. Und wir wissen wohl alle noch vom Schulhof, dass ein Witz nicht immer nur zum Lachen gedacht ist. Oft genug ist es das Ziel eines solchen Witzes, Menschen zu verletzen. Damit kann ich mich schlicht nicht identifizieren.

Vielleicht ließe sich das sogar noch zuspitzen: Es geht ja nicht generell darum, Menschen zu verletzen. Was ja noch hässlicher ist, ist der Umstand, dass auf dem Schulhof bestimmte Witze Aggressionen gegen jene auslösen und jene verletzen können, die sich nicht wirklich wehren können. Humor wird leicht zum „Nach unten Treten“ instrumentalisiert – und ist dann kein echter Humor mehr. Ähnliches gilt für Satire, die vorgibt bzw. der von der schreibenden Kollegenschaft eilfertig attestiert wird, sie stehe in der Tradition und im Dienste der Aufklärung und des kritischen Denkens. Sie produziere einen Humor, der dem Kaiser die Kleider stehle und die Mächtigen dumm dastehen lässt. Tja, und wenn sich ebendieser Karl-Kraus-Kurt-Tucholsky-Gedächtnishumor letzten Endes entpuppt als rassistischer Klospruch… Wem fehlt dann das Papier?

Aber ich will mich auch nicht zu sehr beschweren. Als Schlusswort zitiere ich einfach mal Dyad Abou Jahjah, der auf Twitter mal so ganz nebenbei auch eine Kerze anzündet für jenen Polizisten, der iden Tätern der Charlie-Hebdo-Mordaktion ebenso zum Opfer fiel, eine Kerze anzündet:

I am not Charlie, I am Ahmed the dead cop. Charlie ridiculed my faith and culture and I died defending his right to do so.

Merkels Vertriebene

„“Wir müssen unsere Stimme gegen die Vertreibungen von heute erheben“ – so die Bundeskanzlerin heute  bei einem Festakt des Bundes der Vertriebenen in Berlin. Und meinte damit die Flüchtlinge in Syrien und im Irak. Ob sie hier auch Palästinenser gemeint hat? Vermutlich nicht. Sonst hätte sie auch noch all die anderen arabischen Staaten nennen müssen, in denen es Palästinenser im Zuge der Nakba seit 1948 verschlagen hat. Und dann hätte Merkel auch noch über Israel reden müssen. Nein nein, die Staatsdoktrin. Und die Redezeit. Und überhaupt. Dann lieber Erika Steinbach in den eigenen Reihen ertragen und weiter an der Gutwerdung der Deutschen feilen?

„Ich danke Gott, dass wir 40 Millionen Algerier und Millionen Araber eine Runde weiter gekommen sind. Wir möchten mit unserem Sieg alle Araber beschenken, besonders die Palästinenser. Danke.“ (Übersetzt von mir aus dem Englischen, via 16 Minutes to Palestine)

Blut gefroren

In einem Beitrag für die von mir ehemals geschätzte Website Mondoweiss behauptet die aus Gaza stammende Hana Alyaqubi aus Anlass der schlimmen Zustände nach Flut und israelischem Beschuss: Der Gazastreifen sei der einzige Ort, der von aller Welt (vermeintlich) vergessen worden sei. Ich bin nicht sicher, ob dies stimmt. Musste des denn erst wirklich zu dieser Schlagzeile aus dem in Syrien befindlichen, palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk kommen: „Fünf Palästinenser verhungern im belagerten Yarmouk“.

Wer dieses Bild von den Facebookseiten von Occupy Israel und Palestinians in syrian situation ansehen und diese Einschätzung lesen muss:

Meanwhile, 99% of the supposedly ‚pro-Palestinian‘ (sic) activists around the world continue to disregard the slaughter and starvation of those in Syria, preferring to stand by the regime responsible for their deaths and suffering.

– dem muss das Blut gefrieren.  Ich für meinen Teil muss gestehen: Ich fühle mich insofern ertappt, als dass ich in Sachen Syrien einfach die Frage unterlassen habe: Was wird denn aus den palästinensischen Flüchtlingen dort? Dabei wären Informationen leicht erhältlich (gewesen). Dass auch die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft zu dem Thema bislang nichts Netzwertiges geäußert hat, ist kein Trost.

Syrien!

Was sich da über und in Syrien zusammenbraut, macht mich sprachlos. Stattdessen seien drei Texte zur Lektüre empfohlen:

“La Repubblica” über einen westlichen Militärschlag in Syrien:  Auf tiara013 wird ein lesenswerter Artikel aus besagtem italienischen Blatt zitiert. Wie so oft, wenn es um „den Westen“ geht, geht es um Nabelschau und Selbstbefindlichkeiten – und nicht, wie behauptet und getrommelt, darum, der Situation (diesmal) in Syrien irgendeine positive Wende beizubringen.

Bomben als einzige “Alternative”:  In unserer „alternativlosen“ Zeit machen sich Bomben als „einzige“ Option schrecklich logisch aus. Denn, so Emran Feroz:

Es geht um Macht und natürlich geht wie bei jedem Krieg um finanzielle Interessen. Aus diesem Grund wird die Tragödie in Syrien sicherlich kein schnelles Ende finden.

Der Countdown läuft: Als hätte es Afghanistan, Irak, NeoCon-Propaganda und all den ganzen Mist nicht gegeben, überbieten sich Polit- und Mediendarsteller nach Lutz Herden momentan dabei, die Kriegstrommeln zu rühren. Bedrohlich.

Die einen nennen es Rassismus, andere sprechen von Apartheid

De jure sind israelische Palästinenser ihren jüdischen Mitbürgern gleichberechtigt. Die Realität sieht indes anders aus. Der in Nazareth lebende, britische Journalist Jonathan Cook beschreibt hier sehr anschaulich anhand einiger heftiger Beispiele, wie normal es innerhalb der israelischen Gesellschaft zu sein scheint, Palästinenser – und hier sind auch jene mit israelischem Pass gemeint – aufgrund ihrer Herkunft zu benachteiligen. All dies hat demnach Formen erreicht, dass sogar die Regierung Netanyahu es für geboten sah, ihre tiefe Betroffenheit zum Ausdruck zu bringen, indem von einzelnen Vertretern das Kind einfach mal bei einem seiner zahlreichen Namen genannt wurde:

Government ministers led an outpouring of revulsion. Tzipi Livni, the justice minister, called the incident [üble Vorgänge im Freizeitpark Superland] a “symptom of a sick democracy”. Defence minister Moshe Yaalon was “ashamed”. Prime minister Benjamin Netanyahu demanded that the “racist” policy be halted immediately.

„Die einen nennen es Rassismus, andere sprechen von Apartheid“ weiterlesen

„Zynisch und schlichtweg menschenverachtend.“

Ich finde es ja schade, dass es im Transatlantikblog des hochgeschätzten Schlesinger derzeit nicht die Möglichkeit gibt, als Leser Kommentare zu posten. Der Gute veröffentlicht seine Texte ja noch im Freitag – und mit was für einem Bullshit sich Schlesinger da zuweilen zu befassen hat, ist echt nicht mehr feierlich. Sein aktueller Beitrag über den 20jährigen israelischen Soldaten Mor Ostrovski, der sich nicht entblödet hat, ein Bild von einem palästinensischen Jungen im Fadenkreuz von Ostrovskis Waffe online zu stellen, ist ähnlich empfehlenswert wie etwa der Beitrag zum selben Thema von Emran Feroz. Die Vorwürfe, der sich Schlesinger dann zu erwehren hat, lassen in mir das Verständnis für Schlesingers comment policy wachsen. Nein, ihm wird nicht Antisemitismus vorgeworfen – eher im Gegenteil (sic!). Zudem merke ich, dass ich bislang großes Glück gehabt: Die meisten Kommentare in meinem Blog sind bemerkenswert differenziert und freundlich.

Jüdisch-islamischer Dialog

Beim Testspiel gefunden: Serdar Somuncu und Oliver Polak beschäftigen sich mit Grenzen und Möglichkeiten eines jüdisch-islamischen Gesprächs. Oder wie es auf Youtube angekündigt ist:

Serdar im Gespräch mit dem jüdischen Standup Comedian Oliver Polak über Anmache, Antisemitismus und Alkoholbeichten.

Und was soll ich sagen? Geht doch:

Maiden rules!
 

Es geht nicht um Lapid oder Bennet. Es geht um Qamar.

Während sich die Welt noch die Augen reibt ob des Glanzes, den Israels neue Politstars Naftali Bennett und Yair Lapid verströmen, soll uns das folgende Video, aufgenommen von Aktivisten der Menschenrechtsgruppe Ta’ayush vor Augen führen, um was es im Kern im israelisch-palästinensischen Konflikt geht: Die einen verschaffen sich Zugang zu Ressourcen und tun dies in vollem Bewusstsein auf Kosten der anderen – und mag es sich dabei auch um Kleinstkinder handeln:
Am 19.1. verhafteten israelische „Sicherheitskräfte“ in der Nähe von Hebron – man versuche, sich die Visagen dieser Typen einzuprägen, Gott sei Dank, lässt uns das Internet nicht vergessen – die 18 Monate alte Qamar und ihre Mutter Rima Ismail Awad.  Siedler hatten sich der Ländereien und der Olivenhaine der Familie bemächtigt und mussten natürlich nun von diesem antisemitischen Mob beschützt werden.

Welche Gedanken kommen einem bei diesen Bildern? „Es geht nicht um Lapid oder Bennet. Es geht um Qamar.“ weiterlesen

Beeindruckend: Asma Agbarie Zahalka

Wem es wirklich um Gegenwart und Zukunft im Staate und Lande Israel geht, der sollte aufmerken, wenn es um diese Frau geht: Hier ein Wahlkampfspot der Da’am Workers‘ Party mit ihrer Spitzenkandidatin Asma Agbaria Zahalka. „Beeindruckend: Asma Agbarie Zahalka“ weiterlesen

„wiedergefunden“

Sehr ergreifend – und sehr informativ. Der erste Teil von „The Angry Jewess“, einer Dokumentation über die Situation arabischer Juden in Israel; Einblicke in israelische Biographien, Wirklichkeiten und Erfahrungen, die oft nicht zur Kenntnis genommen werden, am Beispiel von Reuven Abergil.  Die Schwarzen Panther spielen eine bedeutende Rolle in der Sozialgeschichte arabischer Juden in Israel. Eine Aussage, die ganz am Anfang getätigt wird, bildet gleichsam das Leitmotiv: „Es ist unverständlich, wie Menschen (Juden in Marokko) etwas aufgeben konnten, das seit 2000 Jahren ihnen gehörte.“ Harter Tobak, das. Ich bin mir nicht sicher, aber die Dokumentation müsste so um 2010 ausgestrahlt worden sein. Weiß jemand mehr?

Sarrazin braucht ein frisches Getränk

Emina Benalia schreibt über eine Begegnung mit Sarrazin, die ihr anlässlich eines Auftritts dieses großen deutschen Sozialdemokraten auf einer Diskussionsveranstaltung in Amsterdam widerfuhr.

„Sarrazin braucht ein frisches Getränk“ weiterlesen

Die UN-Abstimmung für Palästina und das US-Monopol auf den Nahostfriedensprozess

Natürlich stimme ich zu, wenn es aus der Sargnagelschmiede  tönt:

Einer Zwei-Staaten-Lösung stimmen die Israelis formal doch zu. Statt dass man vergeblich immer wieder gegen Siedlungsbau und eine Annexion durch die kalte Küche protestiert, sollte man die Likud-Regierung einfach auffordern, dann doch mal klipp und klar zu sagen, wo ihrer Meinung nach die Grenzen zwischen diesen beiderseits akzeptierten Staaten verlaufen sollten, festgehalten auf offiziell signiertem Kartenmaterial.

Voraussetzung wäre allerdings das Eingeständnis der Niederlage durch die Palästinenser. Und die waren ja zuletzt mit Siegesfeiern beschäftigt. In Gaza erklärten sich die Sympathieträger von der Hamas für die Sieger eines nur von ihnen und dem (pro)israelischen Mainstream als solchen wahrgenommenen Krieg, tanzten auf Trümmern und schleiften zur Feier des Tages Leichen durch die Straßen.

Und in Ramallah jubelte man nach dem Skript der Fatah: Abu Mazen aka Palästinenserpräsident Abbas hat letzte Woche bei der UN einen glänzenden Sieg errungen: „Wir sind praktisch ein Staat!“, so seine Botschaft an die Getreuen, nachdem eine übergroße Mehrzahl an Ländern dem Antrag der palästinensischen Delegation auf Aufnahme als non-member state per Stimme ihre Unterstützung nicht versagt hatten. Die Rede ist von Abu Mazen, dessen Leistung als oberster Repräsentant der Palästinensischen Autonomiebehörde von US-Außenministerin Hillary Clinton umgehend gewürdigt wurde, als sie die PA in höchsten Tönen lobte: „Die UN-Abstimmung für Palästina und das US-Monopol auf den Nahostfriedensprozess“ weiterlesen