Ismail Haniye (Hamas) und Mahmoud Abbas (Fatah) (Bild: palestinenote.com)
Ismail Haniye (Hamas) und Mahmoud Abbas (Fatah) (Bild: palestinenote.com)

Das hätte man den Palästinensern nicht zugetraut! Israels Regierung reagiert „unwirsch“. Außenminister Liebermann schäumt: Die Palästinenser hätten „eine rote Linie überschritten“. Die USA zeigen sich skeptisch. Großes ist geschehen. Fatah und Hamas „schreiben Geschichte“ – und Israel schaut nur zu bzw. belämmert drein. Man traut sich kaum, auf Jerry Haber zu verweisen, der „endlich Hoffnung für Palästinenser und israelische Juden“ zu spüren beginnt. Unter Vermittlung der neuen ägyptischen Regierung und unter völligem Ausschluss der Weltöffentlichkeit ist es Fatah und Hamas in Kairo gelungen, sich auf die Bildung einer Einheitsregierung und die Durchführung von Neuwahlen zu einigen. Die Deutsche Welle dazu:

Die Wahlen sollen in einem Jahr unter Aufsicht der Arabischen Liga stattfinden. Die Einheitsregierung soll aus unabhängigen Experten gebildet werden, die die Zustimmung beider Gruppen haben. Während die radikal-islamische Hamas seit 2007 den Gazastreifen beherrscht, hat die Fatah das Westjordanland unter ihrer Kontrolle. Eine einheitliche politische Führung gilt als zentrale Voraussetzung für die geplante Gründung eines Palästinenserstaates.

If the kids are united, they will never be divided. Gerade noch hatte man sich zusammen mit der Bundeskanzlerin darüber geärgert, dass Netanyahu ein Friedensangebot angekündigt hat, bei welchem klar ist, dass es nicht das Papier wert ist, auf welchem es geschrieben sein wird. Ernüchterung herrschte allenthalben, weil Bibi in der Frage des Siedlungsbaus US-Präsident Obama dessen Grenzen aufzeigte. Mit Schaudern vernahm man Nachrichten von Morden in der Westbank und von salafistischen Folterkommandos, in Gaza die den Soli-Aktivisten Vittorio Arrigoni auf grausamste Weise ermordet haben. Man las von bedenklichen Entwicklungen in Gazastreifen, wo es angesichts der fortwährenden Abriegelung durch die Israelis auch Hamas nicht gelungen ist, die Bevölkerung ruhig zu stellen. Mit anderen Worten: Netanyahu saß allzu fest und allzu geschmeidig im viel zu weichen Sattel.

Und wie aus dem Nichts dann die Nachricht von der Versöhnung der palästinensischen Erzfeinde. Ohne dass irgendjemand davon erfahren hätte. Mit ägyptischer Hilfe! Schon jetzt hat die neue ägyptische Regierung in Sachen Israel-Palästina mehr Wagemut bewiesen als die Vorgängerin unter Präsident Mubarak. Was für ein Coup! Und mit einem Mal steht Israel noch isolierter da als ohnehin schon. Und die Amerikaner, die, Chomsky zufolge, ohnehin jeden unabhängig von ihnen unternommenen Schritt beargwöhnen, sehen alles Andere als gut aus. So sieht es Richard Silverstein:

The Obama administration risks becoming even more irrelevant than it already is if it doesn’t do a 180° turn and radically rethink its approach to the Palestinians. Cozying up to Bibi as he’s done for the past few months will bring him nothing now.  The president seems to think there is no penalty for U.S. positions which insult the Palestinians.  How else to explain our veto of a Security Council resolution opposing settlements, a position we pretend to support?  Did we think we could get away with this and the Palestinians wouldn’t notice?  Now, it’s Barack’s turn to pay the piper.

Und Jerry Haber geht noch einen Schritt weiter:

Already we are hearing that the United States may cut its funding to the PA because of the presence of Hamas. If that eventuality occurs (and it is difficult to think that the US can be so stupid, but one can only hope), the US will lose a lot of its influence with the Palestinians, and will become pretty much irrelevant within Israel/Palestine – to which one can only add, in shallah. This may split the Americans from the Quarter, who will feel emboldened to try its own diplomacy. And, of course, with Prime Minister Netanyahu saying that he will not negotiate with the new government (as if it was willing to negotiate seriously with any Palestinian government!) it is back to the 80s before the Oslo trap was sprung.

Die Oslo-Falle – die einen Friedensprozess einleitete und viel – ja nicht einmal unbegründete – Hoffnung – in die Welt strömen ließ – und sich dann  doch nur  erwies  als ein probates Mittel, um Israel Gebiete und Ressourcen zu sichern und dabei auch noch die Interessen der sogenannten „internationalen Gemeinschaft“ als friedensstiftend zu verhökern. Bleibt zu hoffen, dass die Versöhnung zwischen Hamas und Fatah Bestand hat. Bleibt zu hoffen, dass der innerpalästinensische Frieden gefördert, vielleicht sogar gesichert wird. Dass Hamas und Fatah wirklich Geschichte geschrieben haben: dass etwas Neues geschieht, neue Hoffnung in der Welt ist – und dass diese Hoffnung nicht, wie so oft in den letzten Jahren, der Ernüchterung und der Gewalt wird weichen müssen. Dass Frieden wieder zu einer realistischen Option für Israel-Palästina wird.

Noch immer bin auch ich der Meinung, dass es neben Fatah und Hamas mindestens eine weitere Alternative für die Palästinenser geben muss. Nach wie vor bin ich überzeugt, dass sowohl Marwan Barghouti als auch Mustapha Barghouti – jeder für sich – mehr für die Sache der Palästinenser erreichen können als der von den USA und Israel gepamperte Arsch eines Abu Mazen, von Gaza’s Finest Ismail Haniye oder den Damaszener Khaled Meschal ganz zu schweigen.

Aber, wer bin ich?

5 Gedanken zu “Fatah und Hamas bilden Einheitsregierung: ein Zeichen der Hoffnung?

  1. Schöner Beitrag! Scharfe Kritik erfährt Bibi für seine ausbleibenden Erfolge in den Verhandlungen auch von Tzipi Livni:

    There are no negotiations today. Both Netanyahu and Abbas are standing on the edge of opposite icebergs, yelling at each other while actually only talking to their respective people. The icebergs are melting and the water is cold. This is his responsibility.

    Netanyahu speaks aggressively against Hamas, but in reality, Hamas is gaining global legitimacy.

    Saying there is no partner is easy, but it does not work on a political level, no matter how many times Netanyahu says it.

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