Salzborn schon wieder…

Es ist Bekenntniszeit in Deutschland. Dabei hatten wir doch grad erst Weihnachten. Gerade noch exkommunizierte Broder Augstein, und jetzt kann es der notorische Herr Salzborn offenbar nicht ertragen, dass es sowohl Antisemitismus als auch antimuslimischen Rassismus gibt. Und wenn beide überhaupt in ein und demselben Artikel erwähnt werden dürfen, dann offenbar nur in solchen, die vom Herrn Salzborn persönlich verfasst wurden. Aber sehen wir es ihm nach. In einer Zeit, da nichts mehr zu gelten scheint, was einmal für wahr erachtet wurde, muss man schließlich einschreiten:

[Das] Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin, kurioserweise überhaupt die einzige universitäre Forschungseinrichtung zum Thema im Land der Täter, widmet sich in jüngster Zeit nicht mehr vordringlich der Analyse des aktuellen Antisemitismus, sondern stärker dem Phantasma einer angeblichen Islamophobie.

Warum Phantasma? Weil nur Salzborn der Wahrheit in die Fresse zu schauen wagt. Es wird nämlich übersehen,

dass die Begriffsgenese gerade auf eine Nivellierung von muslimischem Antisemitismus hinausläuft und dass es zwar ohne Zweifel massiven Rassismus in Deutschland gibt, der sich aber vor allem deshalb gegen Muslime richtet, weil sie von Rassisten als Ausländer wahrgenommen werden.

Und das sollten wir uns alle merken. Und nicht vergessen. Das hat er geschrieben. Der Herr Salzborn. Mir fällt langsam nichts mehr ein.

7 Gedanken zu “Salzborn schon wieder…

  1. Auch nicht gerade uninteressant ist auch folgende Passage:

    „Entscheidend für den Kampf gegen Antisemitismus im Land der Täter ist aber nach wie vor die Haltung der Elite: sie muss öffentlich klar Position beziehen und darf sich nicht gemein machen mit Antisemiten, ob sie in Blog-Einträgen anonym oder in auflagenstarken Tageszeitungen prominent hetzen – die Grenze muss klar sein, weil die Basis antisemitischer Artikulation letztlich ein autoritäres Weltbild ist, das sich auf eine pathische Projektion gründet und insofern aufklärungsresistent ist.“

    Wen sieht Salzborn also in der Pflicht? Nicht die Zivilgesellschaft, nicht progressive Kräfte, und schon gar nicht die Linke – sondern „die Elite“. Weil Antisemitismus wesentlich ein ressentimentgeladener, autoritärer Reflex ist – also keine Ideologie der Klassenversöhnung, sondern ausschließlich der Wahn des Einzelnen. Das ist darum interessant, weil es einmal mehr zeigt, wie die „antideutsche“ Rezeption der Kritischen Theorie (in der Tradition Salzborn sich ja verortet) sich erzkonservativer Argumentationen bedient. Für Salzborn gibt es offenbar hier den wütenden, vom Ressentiment getriebenen Pöbel, und dort „die Elite“, die den zivilisierenden bürgerlichen Normalvollzug – also den Kapitalismus – gegen den Wahn des Plebs verteidigt. Und so schnell braut man ein „antideutsches“ Amalgam aus Kritischer Theorie und autoritärem Neoliberalismus bzw. Neokonservatismus. Aufklärungskritik als Elitenprojekt – Adorno und Horkheimer hätten das müde belächelt, heute gibt es dafür Professorentitel in Göttingen und prominent plazierte Auftritte in Patrick Gensings Manege der deutschen Befindlichkeiten.

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    1. Die von Dir zitierte Passage setzt dem Ganzen in der Tat die Krone auf. „Die Haltung der Elite“, und das sind jene, die es schriftlich haben, dass sie keine Antisemiten sind, nicht im Sinne Broders und auch nicht im Sinne Salzborns. Wobei: Den Unterschied zwischen den beiden in ihren Auffassungen zu Antisemitismus et al müsste man, glaub ich, mit der Pinsette anfassen, so fein ist der. Oder mit der Lupe anschauen. Mir schwillt nur noch diese Frage im Gebeiß: Was hat es einen Elitenförderer wie Salzborn zu interessieren, wie „antisemitisch“ die Parteilinke ist? Da war wohl einer auf der Suche nach leichter Beute, hm?

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  2. Ach, Salzborn möchte mit diesem Sätzen nur von seiner ideologischen Nähe zur „bürgerlichen“ Rechten ablenken. „Islamophobie-ein Phantasma“, ich glaube diese Formulierung stammt ursprünglich von Clemens Heni. Diese Leute halten im Verbund mit Breivik, Linke und Muslime für die größte Bedrohung der westlichen Zivilisation. Aus der Identifikation mit dem kulturalistischen Konstrukt „der Westen“ leiten sie ihr Recht auf Chauvinismus ab. Zu Zeiten des Kalten Krieg ermöglichte dieses Konstrukt die Reintigration von Altnazis ins Establishment. Da waren plötzlich alle nur noch Antikommunisten und wer möchte denn nicht die westlichen Kultur vor dem Zugriff asiatischer Horden bewahren.

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  3. Salzborn:
    dass die Begriffsgenese gerade auf eine Nivellierung von muslimischem Antisemitismus hinausläuft und dass es zwar ohne Zweifel massiven Rassismus in Deutschland gibt, der sich aber vor allem deshalb gegen Muslime richtet, weil sie von Rassisten als Ausländer wahrgenommen werden.

    Weiß er da etwas, was die Rassisten nicht wissen? Das Salzborn keine Ahnung vom Rassismus hat, belegt diese Stelle eindrücklich oder wurden Ausländer, also Schweden, Amerikaner und Finnen zu massen verprügelt und verbrannt? „Ausländerfeindlichkeit“ ist genauso ein weitverbreiteter Irrglaube, wie das oberflächliche Wissen Salzborns zum Rassismus. Und das er islamophob ist beweist er entgültig auch.

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