Zäsur

Seit 2009 gibt es diese Website, und es tut mir leid: Es ist seither immer schlimmer geworden in Israel-Palästina.

Werde mich fürs Erste zurückziehen – virtuell und auch sonst- aus diesem Themenkomplex. Falls was von mir kommt, dann nicht mehr dazu.

Let’s play some music, shall we?

Atomdeal: Israel steht ziemlich allein da

Und so lesen sich die wesentlichen Aspekte des „Atomdeals“ zwischen den fünf Uno-Vetomächten (USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien) sowie Deutschland dem Iran“ in SpOn:

– Iran hat Mogherini [, der EU-Außen-Beauftragten] zufolge zugestimmt, niemals Atomwaffen produzieren oder vorbereiten zu wollen.
– Iran soll zwei Drittel seiner Zentrifugen vernichten, sagte US-Präsident Barack Obama. Laut einem iranischen Dokument soll die Zahl der Zentrifugen in der Urananreicherungsanlage von Natans auf 5060 begrenzt werden, während in der Anlage von Fordo 1044 weitere verbleiben sollen, ohne aber zur Urananreicherung genutzt zu werden. Bisher hat Iran 19.000 Zentrifugen, davon sind aber weniger als 10.000 in Betrieb.
– Etwa 95 Prozent des angereicherten Urans im Land müssten zerstört oder außer Landes gebracht werden, erklärte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier. Auch die Nuklearforschung in Iran habe künftig enge Grenzen. Damit will der Westen sicherstellen, dass der Iran mehr als ein Jahr bräuchte, um atomwaffenfähiges Material herzustellen.
– Der Iran verpflichtet sich, sein Atomprogramm bis zu 25 Jahre einem mehrstufigen System von Beschränkungen und Kontrolle zu unterwerfen. Eine Rückkehr des Iran zu den für jeden Staat geltenden Regeln der zivilen Nutzung der Kernenergie erfolgt stufenweise über einen Zeitraum von 25 Jahren.
– Als Teil des Abkommen ist auch der Umbau des Schwerwasserreaktors Arak vorgesehen, damit dieser nicht mehr atomwaffenfähiges Plutonium herstellen kann. Neue Schwerwasserreaktoren werden nicht gebaut, versicherte Obama. Auch soll der umstrittene Reaktorkern von Arak ausgebaut und außer Landes gebracht werden.
– Im Gegenzug sollen sämtliche Sanktionen und Uno-Waffenembargos gegen Iran schrittweise fallen. „Die für die iranische Bevölkerung besonders spürbaren Wirtschafts- und Finanzsanktionen werden zuerst aufgehoben“, hieß es aus Delegationskreisen.
– Mit der Umsetzung erster Maßnahmen rechnen Beobachter von Anfang 2016 an. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) die Umsetzung der Verpflichtungen Irans im Nuklearbereich bestätige, so deutsche Delegationskreise. Und weiter wurde darauf verwiesen: „Bis dahin ändert sich die Rechtslage nicht, die Sanktionsgesetze bleiben in Kraft.“
– Eine Ausnahme gilt für die Uno-Waffensanktion gegen den Iran, sie bleiben noch fünf Jahre bestehen, die für Bauteile für ballistische Raketen acht Jahre. Sollte die IAEO „Broader Conclusion“ früher erreicht werden, würden die Beschränkungen jeweils früher aufgehoben werden, hieß es weiter. Bei einer „Broader Conclusion“ kann die IAEO für jene Länder, die ein umfassendes Sicherungsabkommen und ein Zusatzprotokoll umsetzen, routinemäßige Überprüfungen reduzieren.
– Ein wichtiges Element ist: Bei einem Verstoß Irans gegen das Atomabkommen sollen die Sanktionen wieder in Kraft treten.
– Hierzu wurde folgender Mechanismus vereinbart: Für den Fall von Streitigkeiten wird eine gemeinsame Kommission gebildet, in der Vertreter der sechs Staaten und Iran sitzen. Ein strittiger Fall kann einvernehmlich in einem Zeitraum von 30 Tagen geregelt werden, danach kann die Uno angerufen werden. Sollte eine Verletzung festgestellt werden, können die Sanktionen wieder „zurückschnappen“, im englischen „snapback“.
Iran lässt eine lückenlose Kontrolle der internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) zu. „Alles, was vereinbart ist, kann auch überprüft werden. Und zwar lückenlos und ohne Schlupflöcher“, hieß es aus deutschen Delegationskreisen.
– Iran verpflichtet sich, das IAEO Zusatzprotokoll vorläufig anzuwenden und dann zu ratifizieren. Bereits das garantiere der IAEO umfassenden Zugang überall dort, wo es den Verdacht auf nukleare Aktivitäten gebe, heißt es aus deutschen Delegationskreisen.
– Die IAEO kann auch Orte besichtigen, die nicht Atomanlagen sind, auch Militargelände sind nicht ausgenommen. Die angekündigten Kontrollen können kurzfristig erfolgen und sind zeitlich nicht beschränkt. „Weder im Zusatzprotokoll noch bei dem neugeschaffenen Zugangsmechanismus wird zwischen militärischen und nichtmilitärischen Anlagen unterschieden“, hieß es in deutschen Delegationskreisen.
Der Iran kann gegen Inspektionen Widerspruch einlegen und so eine Durchsuchung bis zu 24 Tage hinauszögern.
– Parallel wurde in Wien auch ein Abkommen mit der IAEO unterzeichnet, in dem sich Teheran verpflichtet, zu seinem mutmaßlichen früheren militärischen Atomprogramm Fragen zu beantworten. Der Bericht soll im Dezember vorgelegt werden.
– In der umstrittenen, tief verbunkerten Forschungslage Fordo darf der Iran weiterhin Zentrifugen betreiben, allerdings nur zu Forschungszwecken.
– Iran wird grundsätzlich eine zivile Kooperation bei der nuklearen Energiegewinnung von den sechs Unterzeichnerstaaten angeboten.

Nach Jahren der Kampagne gegen das Zustandekommens einer Einigung ist es wenig verwunderlich, dass Israels Regierungschef Netanyahu den Deal nicht eben begrüßt. Doch auch andere israelische Stimmen klingen eher besorgt als erleichtert. Larry Derfner, erfahrener Journalist und ehemals Kolumnist für die Jerusalem Post, ist fassungslos:

Not even Meretz leader Zehava Galon said she was encouraged by the agreement with Iran. Neither did Labor leader Isaac Herzog – they both said they didn’t know all the details, they were concerned, Israel and Netanyahu were right to be concerned – not a positive word. Yesh Atid leader Yair Lapid, meanwhile, said the agreement was „bad for the Jews, bad for Israel, it’s a black day for the world.“ This is Israel’s „peace camp.“ This is the „opposition.“ This is the „alternative.“ We’re living in the Dark Ages.

Ich bin jedenfalls mal auf Reaktionen aus Deutschland gespannt. Wie werden die Eckpunkte des Atom-Deals diskutiert, wie Reaktionen aus Israel besprochen werden? Und was mag in den Presseerklärungen von Stop the Bomb und Honestly Concerned stehen? Und: Will man das alles wirklich wissen?

Update: Eine erste Prüfung hat ergeben: Nicht wirklich.

Die Tatsache, dass der Atomdeal von Unterhändlern der maßgeblichen global players mit dem Iran erreicht wurde, ist das eine. Die Äußerung des iranischen Präsidenten, Rohani, es sei den Zionisten nicht gelungen, den Deal zu verhindern, ist das andere. Dazu schreibt Gisela Dachs:

Netanjahus Haltung ist nicht überraschend. Der Kampf gegen das iranische Atomprogramm gehörte zu den Konstanten seiner bisherigen Politik. Quasi in letzter Minute hatte er noch am Montagabend via Twitter und auf Farsi direkt an die iranische Öffentlichkeit appelliert: Ein Abkommen, welches das iranische Atomprogramm nur einschränke, aber nicht eliminiere, werde ihr oppressives Regime nur stärken. Netanjahu erwähnte dabei auch die antiamerikanischen und antiisraelischen „Hassparaden“ auf den Straßen von Teheran, orchestriert von ebenjener Führungsriege, deren Vertreter in Wien so gesittet mit am Verhandlungstisch saßen.

Letzten Endes muss man kein Freund irgendwelcher Verschwörungstheorien sein, um zu erkennen, dass sich das weltpolitische Szenario, so wie es sich nach Erreichen des Deals darstellt, Wasser auf die Mühlen jener Israel-Advokaten spült, die dem klassischen zionistischen Credo, „die“ Juden und „ihr Staat“ seien nun einmal allein auf dieser Welt, weil ja „die“ Juden sowieso ganz anders tickten als andere Menschen. Israel hat auf der Basis nicht zuletzt dieses Ethos‘ seit jeher die Freunde und Unterstützer um sich scharen können. So wird es auch diesmal sein. Nicht zuletzt hierzulande. Und dabei wird dann immer wieder daran erinnert werden müssen, dass es Netanyahus Israel auch ohne Atomdeal gelungen ist, sich selbst in der Welt zu isolieren. „Hassparaden“ sind in Israel ja auch nicht gerade aus der Mode. Und das mit dem oppressiven Regime… nun ja…

angeboten.

Griechenland in Kürze

Ich werde in diesem Blog nicht über Griechenland schreiben. Vielleicht nur das:

Oder auch das:

Und dann noch ein Zitat von Antje Schrupp:

„Es geht um die Macht von Eliten, und denen ist es egal, ob sie ihre Interessen mit Hilfe ökonomischer oder mit Hilfe politischer Hebel durchsetzen. Volkswirtschaftliche Argumente sind dabei komplett total egal.“

Nuff said…

Israels Wahlergebnis und was es für die Palästinenser bedeuten kann

Justamente sind die beiden Hauptkontrahenten, Netanyahu und Herzog, glaubt man SpOn, gleichauf. Wie wird also die Zukunft aussehen? Etwa die der Palästinenser?

So sah es in den letzten Jahren aus:

Israel hat sich unter Premierminister Netanyahu zunehmend international isoliert. Was die zivilisierte Welt sehen möchte von Israel sind andere Bilder, z.B. dieses:

IDFcries-SanFransiscoSentinelIch möchte es „Shoot and cry“ nennen. Was es bedeutet? Nun...

Mit anderen Worten: Die Welt wird aufatmen, weil Barack Obama nicht mehr von diesem ungehobelten Fiesling Netanyahu brüskiert wird. Ein neuer Regierungschef wird sich anders verhalten gegenüber den Großen der Welt. Die Palästinenser dürfen, so befürchte ich, sich kaum etwas erhoffen. Es sei denn, das Wahlergebnis der Joint List wird als Sensation gewertet werden. Das Aufkommen dieses vorwiegend arabischen Wahlbündnisses und der sich anbahnende Niedergang von Liebermans Israel Beiteinu gehören zu den wenigen guten Dingen, die es über die vorgezogenen Wahlen in Israel zu sagen gibt.

Unterschied rechtsnationale und „Mitte-Links-Zionisten“

Den Unterschied zwischen der amtierenden israelischen Regierung und dem – u.a. von der Arbeitspartei mitgetragenen Wahlbündnis Herzog/Livni kann man sich am besten anhand eines Vergleichs aus einem völlig anderen Bereich deutlich machen. In einem Fußballforum von Fans von Borussia Mönchengladbach wurde kürzlich hingebungsvoll und kenntnisreich darüber diskutiert, warum Gladbachfans den BVB aus Dortmund eigentlich so unsympathisch finden. Und wo man bei unsympathischen Personen und Vereinen war, fand auch Bayern München Erwähnung. Ein tiefgründiges Posting wechselte sich mit dem nächsten ab. U.a. hieß es:

Beim FC Bayern sitzen aus meiner Sicht mit Rummenigge, Sammer und Breitner sogar noch unsympathischere Typen in den Führungspositionen. Aber was den FC Bayern und den BVB immer schon unterscheidet: Die Bayern haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihnen der Erfolg über alles geht und es ist allgemein bekannt, dass sie dafür auch über Leichen gehen. Das ist deren Vereinsphilosophie, denn nichts anderes bedeutet Miasanmia übersetzt. Ich kann jeden verstehen, der das widerlich findet. Aber wenigstens ist das ehrlich. Der BVB macht faktisch nichts Anderes. Aber nach außen wird es immer so verkauft, dass man selbst das Gute verkörpert im Kampf gegen die bösen Bayern. Klopp hat sie ja z. B. allen Ernstes mit Robin Hood verglichen. Und dieses total aberwitzige Zerrbild wird tatsächlich von den Medien übernommen. Was nicht ganz von ungefähr kommt, denn das Schema Gut gegen Böse ist der Stoff, der letztlich zu jedem Show-Event und jedem Hollywood-Film gehört. Die Bayern haben wie gesagt nie ein Problem damit gehabt, als Böse gesehen zu werden – solange sie Erfolg haben. Sie sind böse, sie wissen das und sie stehen dazu. Der BVB ist zwar eigentlich auch ähnlich böse und wendet dieselben Mechanismen an. Aber sie heucheln nach außen, dass sie ja eigentlich ganz anders seien. Echte Liebe halt. Sie haben die allerbesten Fans von allen und nur bei ihnen gibt es so richtig echte Stimmung und echte Vereinsliebe. Das glauben die allen Ernstes.

Auf Israel übertragen bzw. übersetzt:

In der israelischen Regierung sitzen mit Netanyahu, Bennett und Liebermann sogar noch unsympathischere Typen in den Führungspositionen. Aber was die Rechten vom Zionistischen Lager unterscheidet: Die Rechten haben nie einen Hehl daraus gemacht, dass ihnen Landraub und Groß-Israel über alles gehen und es ist allgemein bekannt, dass sie dafür auch über Leichen gehen. Das ist deren politische Philosopgie, denn nichts anderes bedeutet Am Israel Chai übersetzt. Ich kann jeden verstehen, der das widerlich findet. Aber wenigstens ist das ehrlich. Herzog/Livni machen faktisch nichts Anderes. Aber nach außen wird es immer so verkauft, dass man selbst das Gute verkörpert im Kampf gegen die böse Regierung. Und dieses aberwitzige Zerrbild wird tatsächlich von den Medien, westlichen Politikern, ja sogar der Sozialistischen Internationale (die Arbeitspartei gehört zu ihr, genau wie übrigens SPD und Fatah…) übernommen. Was nicht ganz von ungefähr kommt, denn das Schema Gut gegen Böse ist der Stoff, der zu jedem Show-Event und jedem Hollywood-Film gehört. Netanyahu und Co. haben wie gesagt nie ein Problem damit gehabt, als Böse gesehen zu werden – solange sie vor den eigenen Wählern und Mäzenen nichts als schwach dastanden. Sie sind böse, sie wissen das und sie stehen dazu. Ihre Hauptgegner im Wahlkampf sind zwar eigentlich auch ähnlich böse und wenden dieselben Mechanismen an. Aber sie heucheln nach außen, dass sie ja eigentlich ganz anders seien. Für Frieden halt. Sie vertreten die guten Israelis und nur bei ihnen ist das echte Israel beheimatet. Das glauben die allen Ernstes.

 Dies ist mein 1000. Posting. Nie hätte ich gedacht, dass Israel-Palästina und Borussia Mönchengladbach auf diese Weise miteinander eine Melange eingehen würden.

Vor den Wahlen in Israel: Same shit für Palästinenser

Am 17. März wird in Israel gewählt. Die Vorzeichen für Ministerpräsident Netanyahu sind nach Ansicht zahlreicher Beobachter trotz „bottlegate“ so günstig, dass dem Wahlbündnis Herzog-Livni, dem „Zionistischen Lager“ kaum noch reelle Chancen auf einen Wahlsieg eingeräumt werden.

Die jüngsten Meinungsverschiedenheiten zwischen Netanyahu und der amerikanischen Regierung belegt einerseits deutlich, in welche Isolation Bibis Regierung den Staat Israel auf internationalem Parkett befördert hat. Dass sich, wie vermeldet, Vizepräsident Biden und Außenminister Kerry am Rande der Münchener Sicherheitskonferenz nun mit Oppositionsführer Izchak Herzog getroffen haben, ist einerseits nur allzu verständlich, wenn man bedenkt, wie tief die Gräben zwischen beiden Regierungen mittlerweile verlaufen. Für all jene, denen an eine friedliche Zukunft in Israel-Palästina gelegen ist, können solcherlei Entwicklungen indes kaum Grund zur Freude bieten. Natürlich muss Israel raus aus der Isolation. Ein erster Schritt in die richtige Richtung wäre eine Abwahl Binyamin Netanyahus als Regierungschef. Doch erstens scheint dieses Szenario kaum realistisch zu sein, und zweitens: Glauben wir im Ernst, eine Mitte-Links-Regierung Herzog/Livni würde aus sich heraus auch nur einen konkreten Schritt unternehmen, um die facts on the ground, will sagen: die Realität der Okkupation von Westbank, Gazastreifen und Ostjerusalem zu verändern? Sicherlich: Aus den Mündern israelischer SpitzenpolitikerInnen würde alsbald wieder öfter die Vokabel „Frieden“ fließen. Und der Fototermine zwischen Palästinensischer Autonomiebehörde, Weißem Haus und israelischer Regierung würden wieder mehr sein. Man würde lachende, scherzende Verhandlungsführer zu sehen bekommen. Und irgendeine israelische Stimme würde, wie seinerzeit der damalige Ministerpräsident Ehud Barak, sich in etwa so zitieren lassen: „If I were a Palestinian at the right age, I would have joined one of the terrorist organizations at a certain stage.“

Doch vor Ort würde sich gar nichts ändern. Die Mauer bliebe stehen, die Blockade des Gazastreifens würde, wenn auch mit tränendem Auge, aufrecht erhalten werden. Und es täte israelischen SoldatInnen wieder ganz doll leid („Shoot and cry“), wenn ihnen palästinensische Zivilisten aufgrund sicherlich ganz unglücklicher Umstände zum Opfer fallen. Israel wäre nicht mehr isoliert. Und die deutsche Bundesregierung nicht mehr so allein bei der Formulierung immer neuer Treueschwüre. Jedenfalls nicht mehr allein mit nachweislich rassistischen oder religiös-kaputten Extremisten- und Siedlerfreunden. Den Palästinensern würde das alles aber nichts bringen. Im Gegenteil. Die Okkupation würde unverändert fortgesetzt. Gerade dieser Umstand scheint sich bis in die höheren Ebenen der Palästinensischen Autonomieregierung herumgesprochen haben:

Opinions on the matter are split in Ramallah, with some hoping for Netanyahu’s fall and others for his continued rule.

“There are people who unequivocally hope for the Livni-Herzog camp to win. This is the camp (Palestinian President) Abbas is in because he thinks that if they win Israel will be willing to return to negotiations,” a senior Palestinian official told Ynet.According to him there is also a rival camp: “This group claims that the opposite is the case. They think that if Livni and Herzog win and form the next Israeli government, then all of the Palestinians diplomatic efforts will be forced to grind to a halt because the world will no longer support (unilateral) steps which are now gaining steam, opting to send us back to the negotiation table.”

Sehr amüsiert hat sich die Bologsphäre über das folgende Netanyahu-Zitat:

Mit einer als gemäßigt wahrgenommenen Regierung Herzog/Livni würden solcherlei Sottisen zu einem Ende kommen – und die Palästinenser müssten einmal mehr ihre Strategie ändern: Ansonsten wäre sie in Sachen internationales Ansehen in etwa auf die 1970er Jahre („Bomben!“ „Terror!“) zurückgeworfen.

Internationales Ansehen ist wie das entsprechende Parkett: Biegsam, aber enorm staubig und Splitter verursachend.

Gut, dass ich kein Israeli bin.

Bibi in Pariser Synagoge mit Nationalhymne beschenkt

Super gelaufen, Bibi. Nachdem er nichts hatte unversucht gelassen, die Anschläge auf die Redaktionsräume von Charlie Hebdo und auf ein kosheres Restaurants als Beleg dafür zu nutzen, dass Frankreichs nach Israel ziehen sollten – am besten gestern, besuchte er im Kontext der Großdemonstration in Paris die dortige große Synagoge. Und was singen die Anwesenden? Die Nationalhymne. Ich sag nur: Marchant! Marchant! Und Netanyahu steht da vorn und denkt sich so: „Scheiß Diaspora…“ Wo ist die Security?

„I am not Charlie, I am Ahmed the dead cop. Charlie ridiculed my faith and culture and I died defending his right to do so.“

Auf Meedia mokiert sich Stefan Winterbauer u.a. über den, seiner Ansicht nach wenig gemeinsinnigen, Wortbeitrag von Sebastian Loudon, der nicht so ohne weiteres Charlie Hebdo sein möchte. Winterbauer:

Man muss nicht selbst im Fadenkreuz der Terroristen stehen. Trotzdem kann und darf man Mitgefühl und Gemeinschaftssinn zeigen.

Mir geht diese Kampagne, „Je suis Charlie Hebdo“ schon jetzt gesteigert auf den Keks. Ich bin nicht Charlie Hebdo, allerhöchstens dieser Charlie:

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Ich empfinde Mitgefühl gegenüber den Hinterbliebenen der Mordopfer. Ich bin entsetzt über den schrecklichen möderischen Anschlag auf die Redaktion des Pariser Magazins Charlie Hebdo. Ich verabscheue die verübte Tat. Doch fällt es mir schwer, diesen Mehrfachmord als einen Anschlag auf Meinungsfreiheit, Satire, Zivilisation, „uns alle“ etc. zu sehen. Wie schon zu früheren Zeitpunkten kriechen schon jetzt wieder die Ratten aus ihren Löchern. Sehr empfehlenswert dieses Mal: die taz-Kolumne von Deniz Yücel.

Doch analog zur jüngsten Aussage aus dem berufenen Munde des seit jeher überschätzten Oasis-Gitarristen und Songschreibers Noel Gallaghers, dass, wer es heutzutage an die Spitze der Charts schaffe, automatisch scheiße sein müsse – kann ich mich eines erhöhten Bauchgrimmens erwehren, wenn ich sehe, wer sich so alles Charlie Hebdo nennen lassen möchte.  HIer sind sich Union, SPD, Bild, Spiegel und Pegida (wieder) einig. Die Ratten sind auch unter diesen, gewisslich oft nicht übel wollenden Zeitgenossen und Vorbildern der Gesellschaft. Und so möchte man den neuen Charlie Hebdos zurufen: Passt bloss auf, mit wem ihr zusammen auf der Solidaritätsveranstaltung gesehen werdet.

Schon jetzt, schon wieder registriere ich öffentliche Äußerungen, die darauf schließen lassen, dass die Morde an Charlie Hebdo nicht nur auf Seiten irgendwelcher Jihadisten und Salafisten, sondern auch bei angeblichen Verteidigern des sog. Abendlandes auf Dankbarkeit stößt und Aufbruchstimmung initiiert. Nachdem in den letzten Wochen die Stimmen aus den Reihen des Anders-Breivik-Fanclubs kaum zu hören waren – jedenfalls nicht hierzulande, weil Pegida -, so darf man getrost davon ausgehen, dass sich der Wind dabei ist zu drehen. Und so bin ich bei Elise Hendrick auf eine weitere Version von „Je suis Charlie Hebdo“ gestoßen: Ich bin einer, der wegen Charlie zu leiden haben wird:

Charlie

Und wo wir bei dem Magazin Charlie Hebdo selbst sind: Meine Meinung zu dieser Art von Satire, wie sie ja hierzulande eifrigst von Titanic und Konsorten kopiert wird – deckt sich in etwa mit der Meike Büttners:

„Charlie Hebdo“ hat zahlreiche rassistische Witze gerissen und nur allzu oft Hass als Spaß maskiert. Und wir wissen wohl alle noch vom Schulhof, dass ein Witz nicht immer nur zum Lachen gedacht ist. Oft genug ist es das Ziel eines solchen Witzes, Menschen zu verletzen. Damit kann ich mich schlicht nicht identifizieren.

Vielleicht ließe sich das sogar noch zuspitzen: Es geht ja nicht generell darum, Menschen zu verletzen. Was ja noch hässlicher ist, ist der Umstand, dass auf dem Schulhof bestimmte Witze Aggressionen gegen jene auslösen und jene verletzen können, die sich nicht wirklich wehren können. Humor wird leicht zum „Nach unten Treten“ instrumentalisiert – und ist dann kein echter Humor mehr. Ähnliches gilt für Satire, die vorgibt bzw. der von der schreibenden Kollegenschaft eilfertig attestiert wird, sie stehe in der Tradition und im Dienste der Aufklärung und des kritischen Denkens. Sie produziere einen Humor, der dem Kaiser die Kleider stehle und die Mächtigen dumm dastehen lässt. Tja, und wenn sich ebendieser Karl-Kraus-Kurt-Tucholsky-Gedächtnishumor letzten Endes entpuppt als rassistischer Klospruch… Wem fehlt dann das Papier?

Aber ich will mich auch nicht zu sehr beschweren. Als Schlusswort zitiere ich einfach mal Dyad Abou Jahjah, der auf Twitter mal so ganz nebenbei auch eine Kerze anzündet für jenen Polizisten, der iden Tätern der Charlie-Hebdo-Mordaktion ebenso zum Opfer fiel, eine Kerze anzündet:

I am not Charlie, I am Ahmed the dead cop. Charlie ridiculed my faith and culture and I died defending his right to do so.

Was passiert, wenn das Staat gewordene Böse entgleist?

Bin ich der einzige, der sich an diesem Satz irgendwie stößt:

Im Streit um den Film „The Interview“ und angebliche Cyberattacken leistet sich Nordkorea eine rassistische Entgleisung.

Nordkorea leistet sich eine Entgleisung? Zumal eine rassistische? Nordkorea! Nicht Südkorea! Nicht Holland, nicht einmal Cuba! Nordkorea – einer jener Staaten, bei denen sich ausnahmsweise alle einig sind: Schurkenstaat! Und ein solcher Staat leistet sich eine Entgleistung? Wenn das Böse entgleist, wenn das Negative Negatives tut… zweimal Minus gewissermaßen… Oder bin ich doch ein Wortklauber?

Pegida oder „So geh’n die Deutschen“

Viel ist geschrieben worden über Pegida, diese Protestbewegung derer, die gern ihre Ressentiments nach außen tragen möchten, ohne dabei behelligt zu werden von jenen, die sie als das bezeichnen, was sie ja nun leider Gottes einmal sind: Rassisten, Extremisten der Mitte, Anti-Christen ( – denen der visionäre Kern des christlichen Glaubens, „In Jesus, dem Kind eines fremden Ehepaars, ist Gott Mensch geworden“, egal ist).

Einige meinen, mit diesen Menschen irgend reden zu müssen. Die Rede ist hier nicht von irgendwelchen Unions- oder AfD-Hanseln, die teilweise altbewährte Verhaltens- und Verdrängungsmuster ala Rostock-Lichtenhagen ’92 an den Tag gelegt haben, sondern z.B. Marlen Hobrack, ihres Zeichens Kolumnistin für den Freitag:

Der Widerstand gegen Pegida versucht gar nicht erst, Pegida zu verstehen, weil er Pegida-Anhänger als nicht intelligibel, und vielmehr von dumpfen, diffusen Ängsten geplagt, begreift. Wer Pegida nicht versteht, kann Pegida nicht bekämpfen.

So ganz falsch ist das sicher nicht, geht es doch bei Pegida um ein Phänomen, das etwas über unsere gesamtdeutsche Gesellschaft deutlich macht und mit dem es sich zweifelsohne auseinanderzusetzen gilt. Nur: Was bedeutet das, wenn sie meint, die Anhänger besagter Bewegung als von „von dumpfen, diffusen Ängsten geplagt“ verstehen will?

Wenn man Pegida ernstnehmen will, dann doch eher, so Lukas Franke auf Carta, als „Bewegung der Trolle“, als

reaktionäres Zerrbild einer Politik, die keine in die Zukunft gerichtete Erzählung anzubieten hat.

Und wo wird der Trolljäger heutzutage besonders reichlich beschenkt? Richtig: Im Internet. Und so ist sogar, man lese und staune, Jan Fleischhauer zuzustimmen:

Mit Menschen, die ihr Weltbild vor allem aus Blogs und Webseiten zusammenklauben, die sich als Gegenöffentlichkeit verstehen, wird es schwer, eine Ebene der Verständigung zu finden.

Sicherlich lässt sich eine solche Aussage einmal deuten als Ausdruck für eine besonders elitäre Einstellung des Spiegel-Journalisten Fleischhauer gegenüber der Blogosphäre. Aber seien wir doch mal ehrlich: Ein Blick auf Kommentarspalten bei Facebook, wenn es um Pegida und dergleichen geht, lässt einem doch die Kotze hochsteigen…

Apropos Kotze: Das eigene Weltbild ist gleich wieder hergestellt, wenn man den Ende des Fleischhauer-Artikels liest: Dass Pegida keine Gefahr für „die Demokratie“ darstellt, darüber ließe sich unter dem Stichwort Postdemokratie bereits trefflich genug streiten. Warum das aus Fleischhauers Sicht so ist? Weil es die staatlichen Organe gibt, und schon geht es los, eins rechts, eins links:

Für alles Weitere ist der Verfassungsschutz zuständig und, bei Zuwiderhandlung gegen das Demonstrationsrecht, der Wasserwerfer. So war es schon in den Achtzigerjahren, als in Hamburg, Berlin und Frankfurt der linke Pöbel durch die Straßen zog. Auch diese Proteste hat unser Land ausgehalten, ohne größeren Schaden zu nehmen.

Aber egal.

Während beispielsweise der Spiegel noch vor gar nicht  allzu langer Zeit gar nicht „islamkritisch“ genug agitieren konnte, drehte sich, sicherlich hatte der Massenmord eines Anders Breivik im Juli 2011 daran seinen Anteil, der Wind, so dass man heute alles zu tun bereit scheint, sich die wutbürgerliche Auszeichnung „Systempresse“ auch redlich zu verdienen. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass Pegida von Seiten der maßgeblichen Presse- und Meinungsorgane, und damit auch von den gutbürgerlichen Segmenten der Gesellschaft, nur so zögerlich angenommen wird, weil es dieser Bewegung noch an (vermeintlich) seriösen Repräsentanten mangelt. Hat Sven Speer möglicherweise recht:

Ich glaube, dass sich viele Menschen nicht deshalb gegen PEGIDA aussprechen, weil sie tatsächlich liberal und tolerant sind. Sie sprechen sich gegen PEGIDA aus, weil sie nicht extrem sein wollen. Neonazis, die Neue Rechte und Hooligans fühlen sich pudelwohl auf den Demonstrationen – allein deshalb können sich viele, die sich für aufgeklärt halt, nicht mitmarschieren. Für viele ist nicht die Botschaft von PEGIDA ein Problem, sondern nur die Form der Vermittlung.

So dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich einmal mehr eine jener berühmt-berüchtigten Edelfedern zu Wort melden wird, die sich als offen rassistisch outen wird und der dann noch von seiten irgendeines Rundfunkkomikers attestiert wird, dieser Rassismus habe nichts mit Menschenfeindlichkeit zu tun. Oder dass irgendeiner mit schwer besorgter Miene einen weiteren Holocaust heraufbeschwört, das jüdisch-christliche Abendland sei schließlich in Gefahr. EIn heißer Kandidat: Wolf Biermann!

Was aber ist das Abendland?

Uri Shani schreibt dazu auf Facebook:

Ist es dort, wo die Sonne untergeht? Wie in Marokko und Spanien? In Spanien blühte während etwa 140 Jahren eine Kultur, die wir Juden „das Goldene Zeitalter“ nennen, das heißt: von zweitausend Jahren Diaspora war dies die beste Zeit! Warum? Weil in dieser Zeit, als die Muslime im südlichen Teil von Spanien herrschten, vor tausend Jahren, solche hervorragenden Dichter wie Schmuel Hanagid, Schlomo ibn Gabirol, Moshe ibn Ezra und Yehuda Halevi lebten, die das Hervorragendste an hebräischer Dichtung hervorbrachten in den ganzen letzten 2000 Jahren. Schlomo ibn Gabirol war auch ein Philosoph, der „Fons vitae“ schrieb, natürlich auf arabisch, ein Buch, das die europäische Philosophie über Jahrhunderte beeinflusste. Die europäische Kultur der letzten zweihundert Jahre ist ohne die arabischen Dichter, Mathematiker, Ärzte, Astronomen und Physiker (jüdische und muslimische) des sogenannten „Mittelalters“ gar nicht denkbar. Zu dieser Zeit waren die Christen vor allem damit beschäftigt, Millionen von Frauen und andere „Ketzer“ zu verbrennen.
Oder vielleicht meinen sie damit die herrlichen Errungenschaften des 20. Jh. wie Auschwitz und die Atombombe? Oder das wunderbringende europäische Exportprodukt „Demokratie“, zu deutsch: nationalistischer Massenmord, Hunger, Sklaverei, Verstümmelung und Vergiftung?

Ich für meinen Teil bin der Meinung, dass Pegida als gesellschaftliches Phänomen, ja sogar als Symptom einer kranken Gesellschaft, sehr ernst zu nehmen ist. Pegida führt uns vor Augen, was sich hinter der selbstzufriedenen weltmeisterdeutschen Fassade verborgen hat. Auf den entsprechenden Massendemonstrationen wird oft und gern Flagge gezeigt. Pegida ist Deutschland, ungeschnitten. So geh’n die Deutschen. Die Deutschen gehen 

Am Ende einige Ratschläge an eine aufstrebende Linkspartei

Recht wohltuend lesen sich einzelne Passagen in Pascal Beuckers Kritik der Linkspartei für ihr kollektives Versagen – nicht nur die einen, auch die anderen, und die in der Mitte auch! – in Sachen Blumenthal/Sheen. In Zeiten, da es in der Betrachtung der Vorgänge in Israel-Palästina anscheinend nur darum zu gehen scheint, auf der irgendwie richtigen Seite zu stehen, geben einem Worte wie diese zu denken:

Es geht nicht darum, ob die aktuelle israelische Regierungspolitik kritisiert werden darf, wie immer wieder demagogisch behauptet wird. Selbstverständlich darf, ja muss die Besatzungs- und Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung kritisiert werden. Ebenso selbstverständlich sollte das Mitgefühl mit den Opfern des endlosen Nahostkonflikts sein, den palästinensischen wie den israelischen.

Dass es mit seinem Mitgefühl leider nicht ganz so weit her ist, zeigt Beucker u.a. im weiteren Verlauf seines Artikels:

Doch es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob man sich mit der israelischen Friedensbewegung Peace Now solidarisch erklärt oder sich auf die Seite der islamistischen Terrororganisation Hamas stellt, die Israel vernichten will.

Wer hat sich da an die Seite von Hamas gestellt? Ich bin mir nicht sicher, aber vielleicht will Beucker ja hier auf den Umstand hinaus, dass Höger und Groth anno 2010 mit an Bord der Mavi Marmara waren, die im Rahmen einer Solidaritätsflotte Kurs auf Gaza nahm. Und wer sich in Solidarität mit den Bewohnern dieses Freiluftkäfigs und Bombenabwurftestgeländes der IDF übt – ist das dann auch ein Hamas-Versteher? Sagt Beucker nicht. Auch nicht sonderlich mitfühlend, sowas.

Am Ende scheppert es dafür nochmal so richtig:

Eine Linke, die antisemitische und antiisraelische Ressentiments schürt, hört auf, links zu sein. Die Partei wird sich entscheiden müssen. Obsessiver Hass und die Dämonisierung von Israel, die in dem Aufruf „Ihr sprecht nicht für uns!“ angeprangert werden, widersprechen einem emanzipatorischen Projekt. Die Unterzeichnung dieses begrüßenswerten Weckrufs sollte keine Frage der Flügelzugehörigkeit sein. Sondern eine Selbstverständlichkeit.

Und so stellt sich Beuckers zu all den anderen Edelfedern und Lohnschreibern, die sich in den letzten Tagen als kritische Geister ausgaben – und alle dasselbe schrieben und schruben. Taz halt.

Die Zeit der Empathie ist in Sachen Israel-Palästina lange vorbei. Und wenn von Mitgefühl die Rede ist, dann nur für jene, die, nach dem Geschmack der jeweiligen Fans in den Solidaritätszirkeln, die richtigen Farben tragen.

Fürwahr, einen Mann wie Max Blumenthal einzuladen, ist für eine Partei wie diese Linke es ist, kaum zu vertreten. Man mag inhaltlich mit vielem übereinstimmen, was der Mann in Blog und Büchern notiert hat. Den Mainstream bedienen kann man mit ihm nicht. Schon gar nicht in einer Öffentlichkeit, in der jedes ermordete palästinensische Kind und jeder Palästinenser, der Widerstand leistet, schnell mal als „anti-israelisches Ressentiment“ dasteht.

Genau darum aber, den Mainstream zu erreichen, muss es dieser Linkspartei momentan gehen, will sie in Sachen Realpolitik in absehbarer Zeit was reißen.  Die Palästinenser müssen leider draußen bleiben.

Nachdem ihnen Wolf Biermann am 9.11. kräftig im Bundestag einen eingeschenkt und klar gemacht hat, dass sie nicht dazu gehören, müssen Gysi und Co. verlorenen Boden wieder gut machen.

Die Sache mit Blumenthal und Sheen konnte nur schief gehen! Die Folge: Aufruhr in der Partei, zwei Referenten aus den USA und Israel, die es mit der Angst bekommen mussten, eine lesende Öffentlichkeit, die in allen Zeitungen dasselbe lesen musste. Nicht wahr, Herr Steinmeier?

Vielleicht hat Gregor Gysi ja Lust, wenn es nächstens darum geht, ausländischen Gästen die Keramik des Bundestags vorzuführen, eben dies Rabbi Michael Lerner angedeihen zu lassen. Der Gründer von Tikkun nimmt, so hörte ich, Kurs auf D-Land, um in finsterer Zeit seine Geschichte von den zwei großen Narrativen in dem einen gelobten Land zu erzählen, die beide ernstgenommen werden wollen.

Oder man lädt MJ Rosenberg ein. Ich schätze den sehr! Der war mal Mitarbeiter bei AIPAC und nun einer der lautesten Kritiker von „America’s Pro-Israel Lobby“(!!!). Die Herren Beck und Mißfelder könnten Rosenberg abends doch zur Pizza einladen? Vielleicht kommt der Weinthal ja auch, einmal mehr als „Journalist“, und macht ein „Interview“. Obwohl…

Aber der Gysi!  Zumal Rosenberg Blumenthals Arbeit ja nicht wirklich schätzt. Nur sollte Rosenberg nicht über Gaza und den Horror für die Zivilbevölkerung im letzten August sprechen. Oder über Mavi Marmara 2010. Dann wird Gysi nie Außenminister!

Aram Lintzel mag doch sicher auch Pizza, oder?

Über Blumenthal, Sheen, Gysi und so weiter

Was mit Max Blumenthal und David Sheen in Berlin passiert ist – vielleicht passt das in einen Zusammenhang mit dem, was Aram Lintzel kürzlich in Bezug auf deutsche Erinnerungskultur anmerkte:

Wenn die Holocaust-Erinnerung tatsächlich so durchgesetzt und hegemonial wäre, wie die Gedenkkritiker behaupten, dann hätte es 2014 keinen aufgewärmten Streit über den Ersten Weltkrieg und keine Mauerballons geben dürfen. Dann hätte einzig der ungarischen Juden gedacht werden müssen, die vor 70 Jahren vergast wurden. Allein von Mai bis Juli 1944 wurden über 400.000 nach Auschwitz deportiert.

Der politische und mediale Offenbarungseid zum 9. November: Nachdem Wolf Biermann im deutschen Bundestag die parlamentarische Linke in die Ecke gestellt hatte, versuchten Gysi und Co aus selbiger herauszukommen. Dass ausgewiesene Israel-Kritiker wie Blumenthal und Sheen unter der Ägide einiger namhafter Linken-Politikerinnen öffentlich über Palästina, Gaza und die im Sommer ermordete Familie Kilani sprechen wollten, war nichts weniger als ein Super-GAU, wo man doch alles tun wollte, um von seinen politischen Gegnern und ihren medialen Erfüllungsgehilfen wieder zurück in den Sandkasten gelassen zu werden.

Und so mussten die Damen Höger, Groth und Hänsel zum Rapport, um sich zu entschuldigen. Aber das genügte nicht allen in der Partei, die sich bekanntlich anschickt, mit Bodo Ramelow in Thüringen den ersten linken Ministerpräsidenten zu stellen:

Nach mehrstündiger Diskussion in geschlossener Sitzung teilte ein Fraktionssprecher aber auch mit: „Gleichwohl verurteilt die Fraktion auf das Schärfste das Agieren gegenüber dem Fraktionsvorsitzenden.“ Wer „uns oder unsere Genossen“ so feindselig behandele wie an diesem Montag, „mit dem werden wir nicht kooperieren“. Die Entschließung wurde mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung angenommen.

Auch der Bundesgeschäftsführer der Linkspartei attackierte die drei Politikerinnen: „Die heutige Entschuldigung der MdB Groth, Höger und Hänsel gegenüber Gregor Gysi ist das Mindeste“, schrieb der Parteimanager auf Facebook. „Als Konsequenz der untragbaren Ereignisse ist dies aber völlig unzureichend. Ein solches Verhalten ist mit meinem Verständnis linker Politik und politischer Kultur nicht vereinbar.“

Zurück zum Eingangszitat: Wäre  der ungarischen Juden von seiten des Bundestags oder der Bundesregierung gedacht worden – wir hätten es bestimmt erfahren. Dass die Shoa am 9. November überhaupt zum Thema wurde, dafür haben Blumenthal und Sheen gesorgt. Und das wird ihnen nicht verziehen. Nicht von Gysi, nicht von Pau, nicht von Volker Beck – nicht von Deutschlands Meinungsmachern. Und nicht von „Journalist“ Benjamin Weinthal.

Rhizom ist nur zuzustimmen:

Wenn es um den Nahostkonflikt geht, dann wird aus bundesdeutschen Medien schnell eine unerträgliche Mischung aus BILD-Zeitung und Aktueller Kamera.

Shoa-Gedenken im deutschen Herbst 2014. Was es eben auch bedeuten kann, wenn aus den Verbrechen der Nazis keine Lehren gezogen werden, erlebt man momentan nur allzu deutlich.

Max Blumenthal – „the wrong kind of Jew“

Die Causa Blumenthal/Gysi/Beck etc. ist derartig unappetitlich, dass es mir einmal mehr die Sprache verschlägt. Gut, dass es nun eine auf Youtube zu verfolgende Antwort Blumenthals auf seine Kritiker gibt (via rhizom).

Nebenbei gesagt: Ich selber bin nicht unbedingt ein Fan des Werks Blumenthals. Doch im Angesicht des Verhaltens hiesiger, sich als links ausgebender, Politiker, von der hiesigen Medienkamarilla mal ganz zu schweigen, fühle ich mich gezwungen, für ihn Partei zu ergreifen.